Netzstabilität durch dynamische Netzentgelte – Wirkprinzip Preissignale

Netzstabilität: Preissignale & HEMS in der Netzsimulation

Flexibilität trifft Netzstabilität

Wie Preissignale und dezentrales Energiemanagement die Netzstabilität erhöhen können
02.10.2025
Datenmanagement
Digitale Transformation
Energie- & Versorgungswirtschaft

Netzstabilität braucht smarte Preissignale: SECProMo erstellt aus Real-Daten ein Netzmodell, simuliert dynamische Netzentgelte und HEMS-Reaktionen zur Lastverschiebung. Der AEP.DataHub verknüpft Messung, Analyse und (künftig via AEP.API) Steuerung.

 

Die Energiewende bringt ein stetiges Spannungsfeld mit sich: einerseits mehr Flexibilität und dezentrale Erzeugung, andererseits wachsende Anforderungen an Netzstabilität und Planungssicherheit. Um diese Balance realistisch bewerten zu können, setzen Forschung und Praxis auf Netzsimulationen, die reale Daten, Verbrauchsprofile und Tarifmodelle in virtuellen Simulationen abbilden.

Netzstabilität als Ziel: Ausgangspunkt & Projekt SECProMo

Am 1. Januar 2023 wurde das Forschungsprojekt SECProMo, welches vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, ins Leben gerufen. Die SECProMo-Projektgruppe umfasst neben Unternehmensvertretern von Arvato Systems, smartOPTIMO, Hochschule Osnabrück, items, Stadtwerke Bielefeld sowie Power Plus Communications und drei weitere assoziierte Partner. SECProMo hat neben der sicheren Kommunikation über die SMGw-Infrastruktur als zentrales Ziel, ein realitätsnahes Netzmodell zu erstellen, das auf den Daten eines konkreten Netzgebiets basiert. Die Daten stammen u. a. aus TAF9-, TAF10- sowie TAF14-Leistungsmessungen mit einer 15-Minuten-Auflösung, die von 17 Anlagen erfasst und selektiv auch durch Minutenwerte ergänzt werden. Hinzu kommen Informationen zur Netztopologie (Trafostationen, Leitungen, Hausanschlüsse), zu verbauten PV-Anlagen, Wallboxen und steuerbaren Verbrauchern wie Wärmepumpen.

 

So entsteht ein Datengerüst, das sowohl technische Parameter (Leitungsquerschnitt, Belastbarkeit, Spannungen) als auch energetische Größen (Wirkarbeit, Einspeisung) umfasst. Dieses Modell erlaubt eine präzise Lastflussberechnung, die Grundlage für die Bewertung unterschiedlicher Tarif- und Steuerungskonzepte bildet.

Flexibilität im Rahmen der Netzstabilität praktisch nutzbar machen

Ein Ansatz zur Optimierung der Energienutzung ist der Einsatz von dynamischen Tarifen und zeitvariablen Netzentgelten. Richtig gestaltet, können diese Preissignale den Eigenverbrauch optimieren (z. B. PV-Strom für E-Autos oder Wärmepumpen), Kosten für Verbraucher senken und gleichzeitig Netze entlasten.

 

In modernen Energiekonzepten spielen sogenannte Home Energy Management Systeme (HEMS) eine zentrale Rolle. Ein HEMS überwacht, steuert und optimiert den Energiefluss im Haushalt – also z. B. PV-Erzeugung, Batterie, Heizungen, E-Auto oder andere flexible Lasten – idealerweise auf Basis von Tarif-, Wetter- oder Prognoseinformationen. In Kombination mit intelligenten Messsystemen und dynamischen Netzentgelten eröffnen sich neue Potenziale für Lastverschiebung und Netzstabilisierung. Sie gelten als Schlüssel, um Verbraucherlasten gezielt zu verschieben.

 

Ein wichtiger Punkt ist hier die unnatürliche Gleichzeitigkeit: Wenn viele HEMS-Systeme in einem Netzgebiet zeitgleich auf Preissignale reagieren (z. B. Beginn oder Ende eines Niedrigpreiszentrums), kann das bei mangelnder Differenzierung zu gebündelten Lastspitzen führen, die das Netz belasten statt entlasten. Das SECProMo-Expertenteam äußert die Hypothese, dass dynamische Tarife somit zwar individuelle Lastspitzen reduzieren können, aber in der Gesamtheit eine neue Spitze erzeugen, wenn alle Systeme zugleich umschalten. So kommt es statt zu Glättung zu verlagerten Spitzen. Um dem entgegenzuwirken, werden in Simulationen stochastische Elemente und individuelle Parameter für HEMS integriert.

Netzstabilität mit dynamischen Netzentgelten simulieren

Mithilfe der Simulation der dynamischen Netzentgelte soll beantwortet werden, wie die Entgelte gestaltet sein müssen, damit sie für Endkunden ökonomisch attraktiv sind und gleichzeitig Netzengpässe vermeiden.

 

Dabei geht es u. a. um:

  • die richtige Granularität (Stunden- vs. Viertelstundenpreise),
  • die Höhe des Preis-Spreads zwischen Hoch- und Niedrigtarifen,
  • die Definition sinnvoller Netzzellen, in denen die Entgelte wirken,
  • und die Reaktion der HEMS auf diese Preissignale.

DataHubs als Rückgrat für Netzstabilität

Alle Mess- und Simulationsdaten fließen bei Arvato Systems in den AEP.DataHub, der sie verwaltet, visualisiert und für weitere Analysen und Rückkopplungen bereitstellt. So entsteht eine integrierte Betrachtung: HEMS reagieren auf Preissignale, das Netzmodell simuliert die Auswirkungen und der AEP.DataHub verbindet Daten, Analyse und Steuerungsrückkopplung. Damit wird aus reinen Messwerten eine entscheidungsrelevante Basis, die Energieversorger, Netzbetreiber und Kunden unterstützt.

 

Im AEP.DataHub lassen sich weiterhin Schwellwerte definieren, die beim Überschreiten automatisch Aktionen auslösen. Arvato Systems plant, dass zukünftig über das Produkt AEP.API, den BDEW-Web-API-Service, Steuerbefehle direkt an Liegenschaften der Kunden gesendet werden können. So verbindet sich die Simulation nicht nur mit Analyse und Prognose, sondern auch mit konkreter Handlungsfähigkeit im Netzbetrieb.

Netzstabilität umsetzen: Von Simulation zu automatisierter Steuerung

Arvato Systems begleitet die Energiewirtschaft aktiv bei der möglichen Umsetzung von dynamischen Tarif- und Steuerungskonzepten auf Basis realitätsnaher Netzsimulationen – vom SECProMo-Forschungsprojekt bis in den Netzbetrieb. So werden aus Messwerten belastbare Entscheidungen: Netzengpässe werden vermieden, Flexibilität wirtschaftlich nutzbar gemacht und Endkund:innen profitieren. Wenn Sie dynamische Netzentgelte, HEMS-Integration und DataHub-Fähigkeiten praxisnah erproben oder skalieren möchten, sprechen Sie uns an.

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Häufige Fragen rund um das Thema Netzstabilität

  • Netzstabilität beschreibt die Fähigkeit des Verteilnetzes, Spannung und Frequenz auch bei Lastspitzen und Einspeiseschwankungen innerhalb zulässiger Grenzen zu halten. Ziel ist ein sicherer, effizienter Betrieb ohne Engpässe, Abschaltungen oder Qualitätsprobleme.

  • Sie setzen zeit- und ortsvariable Preissignale, die flexible Verbraucher verschieben. So werden Lastspitzen reduziert, lokale Engpässe entschärft und Netzstabilität verbessert – ohne auf rein infrastrukturelle Ausbauten zu warten.

  • HEMS steuern bspw. Ladezeiten und Wärmeerzeugung nach Preissignalen und Netzstatus. Es ist angedacht durch Stochastik, Zeitfenster, Zufalls-Offset und Priorisierungsregeln HEMS nicht gleichzeitig reagieren zu lassen. So würden Preissignale genutzt werden, ohne neue Peaks zu erzeugen.

  • Der AEP.DataHub von Arvato Systems konsolidiert Mess-, Simulations- und Steuerdaten, liefert Visualisierungen und stößt Aktionen an – perspektivisch via AEP.API für automatisierte Steuerungen.

Verfasst von

ArvatoSystems_Andre_Hoffmann
Dr. André Hoffmann
Experte für die Energie- und Versorgungswirtschaft
Foto Barbara Opitz
Barbara Opitz
Expertin für die Energie- und Versorgungswirtschaft